Das „Anti-Wittenberg“
Die Stadt an der Oder war Mitte des 16. Jahrhunderts ein geistiger und kultureller Mittelpunkt der Mark Brandenburg: als selbstbewusste Bürger- und Handelsstadt, als Universitätsstadt und Repräsentationsort der brandenburgischen Landesfürsten.
Als der Ablasshändler Johann Tetzel 1517 in Frankfurt (Oder) einzog, wurde er in der Stadt freudig begrüßt. Hier, an der neu gegründeten Viadrina Universität, entstanden die 106 Gegenthesen zu Luthers Thesen. Frankfurt wurde zunächst zum „Anti-Wittenberg“. Doch gegen die Konkurrenz aus der Elbestadt konnte sich die Frankfurter Hochschule auf lange Sicht nur schwer halten.
Nach dem Übertritt des kurfürstlichen Landesherrn zum Luthertum entwickelten sich die Universität und die Stadt nach 1539 jedoch zu einem zentralen Dreh- und Angelpunkt der Reformation – vorbereitet und getragen durch eine selbstbewusste Bürgerschaft, die sich schon sehr früh zu Luthers Lehre bekannte.